Mittwoch, 27. Mai 2015

Große Ereignisse werfen ihre Krawatten voraus

In den letzten Wochen und Monaten stand unsere Terminplanung ganz im Zeichen von Tischreservierungen und Garderobenauswahl.



Während wir nach außen hin weiter Baumaschinen durch die Gegend fuhren und Lohnabrechnungen erstellten, kreisten unsere Gedanken nur noch um Menüauswahl, Einladungskarten, Friseurtermine, angemessenes Schuhwerk und Krawattenknoten.

Letzteres bereitete uns einigermaßen Kopfzerbrechen - bislang besaß mein Mann nur ein einziges gebundenes Krawattenexemplar, sorgsam gehütet wie seinen Augapfel, und stets mit größter Vorsicht angelegt, indem er es nur gerade soweit öffnete wie für die Dicke seines Kopfes unbedingt erforderlich. Jahrelang ging das gut, aber nun war es doch mal Zeit für einen Farbwechsel...

Mein Beitrag auf dem Gebiet des Knotens beschränkte sich bis dato auf die Fähigkeit, mir einen Knoten ins Taschentuch zu knüpfen. Und unsere gänzlich unbedarften Kinder verstanden das Problem nicht. (ich im übrigen auch nicht, wenn ich ehrlich bin)

Da mein Mann aber zur Konfirmation seines Sohnes unter keinen Umständen mit nacktem Hals auftreten wollte, bat er zunächst die Verkäuferin, die ihm das neue ungebundene Exemplar angedreht hatte, und schließlich noch die Angestellte in der Änderungsschneiderei, zu der er seinen Anzug brachte, um hilfreiche Unterstützung. Jedoch beherrschte keine der beiden Damen die Kunst des Krawattenbindens.

Also kramten wir vier uralte Schlipse in heute kaum mehr zumutbarer Farbauswahl aus dem Kleiderschrank und setzten uns alle vier nebeneinander vor den Laptop, wo uns ein sympathischer Herr in nicht zu überbietender Geduld und stoischer Gelassenheit ein ums andere Mal die Handgriffe zeigte, die letzten Endes zur Entstehung des Doppelten Windsor führen sollten. Mit ruhiger Stimme erklärte er uns geschätzte hundertfünfzig Durchläufe lang, wie man zunächst außen oberhalb herum und dann innen hinten links durch... - naja ihr wisst schon.

Was da bei den ersten Imitationsversuchen an unseren Hälsen entstand, hatte zunächst nur entfernt - und mit sehr viel Fantasie - Ähnlichkeit mit einem Kleidungsstück, auch hing es nicht unbedingt herunter, sondern trotzte zuweilen der Schwerkraft, indem es im rechten Winkel zum Körper steif nach vorne abstand. Aber wir stachelten uns weiter gegenseitig an, und näherten uns Schritt für Schritt einem vorzeigbaren Ergebnis, bis schließlich...


Zwar hätten sich, wie wir später erfuhren, in der Verwandtschaft ebenfalls ein paar fähige und hilfreiche Hände gefunden, aber so hat es eigentlich noch viel mehr Spaß gemacht, außerdem war der Regentag auch ruckzuck rum ;-)
Und vielleicht hat unser Sohn dabei ja sogar noch was fürs Leben gelernt...