Montag, 9. Februar 2015

Wer liebt schon Lebensmittel?

Lebensmittel lieben ist doch langweilig. Wobei ich nicht sagen kann, dass es mich vollkommen unbeeindruckt lässt, wenn jemand mit einem gezielten Messerhieb exakt 287 Gramm von einer groben Leberwurst abköpft. Und meine Hüften strafen jedes meiner Worte Lügen, sollte ich je behaupten, KEINE Schokolade zu lieben...

Da man sich aber im Leben manchmal für eine Sache entscheiden muss, um nicht als Bigamist zu gelten, habe ich mich für eine andere Liebe entschieden. Ich liebe Wörter. Vor allem neue. Kinder sind ja Meister der Wortschöpfung, und so lebe ich an einem nicht enden wollenden Quell herrlich skuriler, oft sehr rätselhafter, aber stets unendlich schöner Wortgeburten.

Als meine Kinder noch kleiner waren, handelte es sich eher um unbeabsichtigte Verdreher oder Versprecher, so tat mein Sohn einst seine Vorliebe für Baumaschinen kund, indem er den halben Tag von einem besonders beeindruckenden Exemplar eines Stapel-Labers laberte, äh sprach.

Auch bisher unerforschte Rechtschreibregeln, denen meine Tochter sich unterwarf, sorgten bald für Gesprächsstoff. Unvergessen dürfte ihr Wunsch nach einem eigenen ♪♫ Sedebleher ♫♪ bleiben.

Im Eifer des Gefechtes mussten sie auch manch neues Wort herbeizaubern, wo es das passende noch nicht gab. Eines Abends beim Ritual des Schlafanzuganziehens ereiferte sich unser Sohn, weil mein Mann ihm die Hose auszog, während der Pullover noch halb auf dem Kopf saß, mit dem herrlichen Ausruf: "Ich bin doch kein Gleichzeiter!"

Auch bei meinem Neffen wurde ich fündig und konnte einige ausgewählte Sammlerstücke in meinen Wort-Setzkasten stellen. Als er klein war, lebten die Leergutannahmestellen in den Supermärkten noch. Keine Pfandautomaten, die deine leicht eingedellte Flasche siebenundachtzig Mal wieder auswerfen oder behaupten, die Getränkekiste nicht wiederzuerkennen... nein, freundliche echte Menschen, die den ganzen Tag mit Flaschen zu tun hatten. Daher schien es nur naheliegend von meinem Neffen, den Mitarbeiter des Marktes als Flaschner zu bezeichnen.

Fantasie verlass mich nie - wie mein Berufsschullehrer zu sagen pflegte, wenn wir uns wieder mal ein Steuergesetz aus den Fingern sogen - so dachte sich gestern abend auch unsere Tochter, als sie ihrem Verlangen nach etwas Essbarem Ausdruck verlieh mit den Worten: "Ich bin schon völlig ausgemagert!"

Wörter sind so schön, ich finde die muss man einfach lieb haben!

9 Kommentare:

  1. Grubelschrauber? grubel grubel... ich hoffe du meinst keinen Kugelschreiber, sondern eher eine handvoll Lockenwickler, einen Lippenstift oder ein Hochzeitskleid :-|

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  2. *Seufz* Stimmt, Wörter und v.a. neue Wörter sind was sehr Feines. Ich habe es geliebt, als es hier noch "Ich gangte gestern in den Kindergarten" hieß. Eine viel schönere Vergangenheitsform, wie ich finde. Putzig war auch, dass ein Sohnemann lange Jahre keine Umlaute sprach - er war dann immer "mude", ich meistens "bose". Inzwischen kann er sie doch. Schade eigentlich!

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    1. da hast du recht, die Fantasie kommt der Sprache ja spätestens in der Pubertät abhanden. Heute höre ich dann eher Sätze, die vollkommen ohne Verben auskommen, oder Wörter, die zwar auch irgendwie "neu" aber deswegen noch lange nicht schön sind. Schabos wissen wer der Babo is, eyyy...

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  3. Ich kann 'Lumperbonck' und 'Rickrackrack' hinzusteuern.
    Es ist zuuu schön!
    Liebe Grüße

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  4. Luftballon stimmt. Und das andere: Strickjacke. ;-)
    LG

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  5. "Ich bin doch kein Gleichzeiter" gefällt mir sehr gut!
    Sooo treffend!

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    1. ich mag das Wort auch lieber als das neue deutsche Wort "multitasking"

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