Montag, 29. Oktober 2018

Olé

Ich werde Spanierin!
Höchstwahrscheinlich.
Also vielleicht.
Naja, okay, vermutlich doch eher nicht.
Dabei habe ich einen richtig fetten Fisch im Visier. Er hat sich mir neulich vorgestellt, beim Zeitunglesen quasi. Ich hatte nämlich aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen das Bedürfnis, mir das Zeitmagazin zuzulegen, da die Ausgabe der betreffenden Woche von Herrn Geld- äh Gröne-Geier verzapft worden war. Was sich als absoluter Schuss in den Ofen entpuppte, wollte nun wenigstens restlos ausgelesen werden, und genau deshalb widmete ich mich sogar den Kontaktanzeigen.
Die Zielgruppe dieser Lektüre hält sich ja für was besseres, und sie gehen so richtig old school vor,
er sucht sie, sie sucht es, wir suchen uns usw.
Es muss unglaublich lange her sein, dass ich zuletzt solche Annoncen gelesen habe, aber allem Anschein nach hat sich da nicht viel verändert. Frauen verkaufen sich weiterhin unter Wert und Männer haben wie immer vollkommen berechtigte und realistische Erwartungen. Seht selbst - man fragt sich bei diesem Exemplar doch wirklich, warum der noch keine abgekriegt hat...
Meine Freundin war kaum zu bremsen und hätte ihn am liebsten sofort angeschrieben, aber ich finde, man sollte sich seine eigene Antwort gut überlegen und so lange wie möglich an der entsprechenden Bewerbungs-Email feilen, damit man auch wirklich nichts dem Zufall überlässt.
Nicht dass wir nicht ohnehin perfekt zueinander passen würden (also der Teo und meine Freundin bzw. ich, nicht meine Freundin zu mir), aber für den ersten Eindruck gibt es nun mal keine zweite Chance!

Wenn wir das Ganze mal genauer unter die Lupe nehmen, lässt es sich wohl damit auf den Punkt bringen, dass wir bereit wären, ohne viel Schmuck und Schminke in Spanien zu leben.

Bliebe nur noch die Frage nach dem PV, oder eher dem nicht vorhandenen PV. Was um alles in der Welt soll das nur bedeuten?
Keine Pflegevereinbarung? (was ja wegen des Altersunterschiedes von bis zu 22 Jahren durchaus denkbar wäre...)
Keine Pilz-Vorerkrankungen? (was wir eigentlich auch nicht angenommen hatten...)
Keine Persönlichkeitsveränderung? Pizzaveranstaltung? Polnischen Vornamen?

seufz... 

Ja, wir haben es selbst schon gemerkt, irgendwie sind wir doch gar nicht mal soooo gut geeignet als Teofils neue Andalusische feste Lebenspartnerin. Aber wir wollen ihm trotzdem schreiben. Denn mittlerweile zerreißt es uns vor Neugier. Wir wüssten einfach zu gerne, ob Teo auch nur eine einzige Zuschrift erhalten hat. Also bis auf unsere.

Montag, 22. Oktober 2018

Prada war gestern

Die junge Frau, die neben mir in der Apotheke bedient wird, lächelt entspannt. Während ich schwitzend und schnaufend unter einem Hauch Orientierungslosigkeit das soeben erhaltene zerknitterte Rezept aus meiner Tasche emporwühle, plaudert sie unbeschwert mit dem Apotheker und erwähnt in einem Ton völliger Selbstverständlichkeit nur ganz nebenbei ihren 7-Personen-Haushalt. Und ja, die anderen sechs sind ihr Mann (einer) und ihre Kinder (fünf).
Während ich mich noch heute frage, wie ich so manchen nicht enden wollenden Regentag alleine mit zwei wahlweise unzufriedenen, kranken, müden, zickigen, bockigen oder einfach nur hardcore-gelangweilten Kids überlebt habe, gibt diese Frau das Bild einer vollkommen ausgeglichenen Person ab und sieht dazu auch noch einfach so dermaßen blendend aus, dass man ihr diese Zufriedenheit zu allem Überfluss sogar abkauft.
Fröhlich berichtet sie noch von ihrem bevorstehenden Umzug, bevor sie strahlend die Apotheke verlässt. Und ich endlich dazu komme, meine Kinnlade wieder in die korrekte Position zu schieben.
Als ich rauskomme, sehe ich sie gerade noch in einen Familienbulli steigen, dessen Motorhaube den Spruch ziert:
Der Teufel trägt Pampers
Genau mein Humor. Aber anders würde man diesen Wahnsinn wohl auch nicht überleben.

Samstag, 22. September 2018

aber bitte red' weiter

Ich parle zwar auch ein bisschen français, habe aber nach der zurückliegende Woche erst einmal keine Lust mehr dazu. Eigentlich mag ich diese Sprache - und auch deren Menschen - aber manchmal macht man eben eine einzelne Person für seine plötzlichen Abneigungen gegenüber etwas Bestimmtem verantwortlich.

In diesem Fall handelt es sich um einen kleinen, harmlosen Austauschschüler, der uns alle hier ziemlich auf Trab gehalten hat, und nicht gerade dazu beitrug, das deutsch-französische Freundesverhältnis in unseren Köpfen aufzuhellen. Dabei hatten wir uns eigentlich alle auf ihn gefreut, waren gespannt und guter Dinge und planten jede Menge gemeinsamer Unternehmungen und Ausflüge.
Und dann kam André (där rischtigö Namö ist där Redaksjoh bekannt...). André sprach kaum ein Wort, wollte sich nicht in unserer Nähe aufhalten und benahm sich befremdlich. Nach ca. fünf Tagen verließ er sein Zimmer einmal ohne sein Handy, das dort am Ladekabel hing. Das war der Moment, an dem ich zum ersten Mal sein Gesicht sah. Ansonsten bekam ich nur die Rückseite seines Smartphones oder seine eigene, mit einem Rucksack bedeckte, zu sehen.

Da wir höfliche Menschen sind, haben wir immer wieder versucht, mit ihm ins Gespräch zu kommen, was wir dann vorsichtshalber auch gleich in seiner Sprache taten. Um ihn nicht völlig zu verunsichern, stellten wir harmlose Fragen, die an Belanglosigkeit kaum zu überbieten waren und deren Antworten uns auch nicht im Entferntesten interessierten. Aber irgendwo muss man ja mal anfangen. Nur dass er uns mindestens 90 Prozent der Antworten schuldig blieb. Oft guckte er nur irritiert, runzelte die Stirn und machte keinen Hehl daraus, wie unvorstellbar weit außerhalb seiner Möglichkeiten es lag, unser Französisch zu verstehen. Wenn er dann doch mal etwas entgegnete, was möglicherweise eine Antwort war, sprach er extrem leise, sehr sehr schnell und in Worten, die keiner von uns je gehört hatte. Vielleicht war er in Wahrheit von den Philippinen eingereist. Wir werden es nie erfahren.

Trotzdem ließen wir uns nicht beirren und verfuhren einfach weiter so mit ihm, als seien sein Verhalten und seine Reaktionen vollkommen unspektakulär und in keinster Weise absurd oder skurril. So stiegen wir mit ihm in den Zug, um einen Tag in Hamburg zu verbringen. Bereits in der Bahn nahm er mit deutlichem Abstand zu uns in einer entfernten Sitzreihe Platz. Kaum hielt der Zug in Hamburg, stieg er aus und lief davon. Obwohl wir ihm natürlich erklärten, was wir davon hielten und dass wir wenig Lust hätten, ihn in der Menschenmenge zu verlieren, blieb er nicht in unserer Nähe. Wir rannten also einen Tag lang in Hamburg einem Rucksack auf zwei Beinen hinterher. Noch dazu einem Rucksack, der alle halbe Stunde fragte, ob wir jetzt bald wieder nach Hause fahren würden.
Ganz offensichtlich war dieser Ausflug auch für ihn nicht vergnügungssteuerpflichtig. Aber das war uns egal, vielmehr dachten wir uns "Jetzt erst recht!".

Und zwischendurch gab es ja immer wieder Momente, wo wir kurz durchatmen konnten. Lief er zum Beispiel durch den alten Elbtunnel, wussten wir, dass er am anderen Ende wieder herauskommen würde und es nur extrem unwahrscheinlich war, ihn zwischendurch zu verlieren. Anders sah es dann schon aus, wenn er sich vor uns als letzter in einen vollen Aufzug quetschte und nach oben fuhr. Man wusste nie, ob und wann er sich mal wieder nach uns umsehen würde.

Ich habe so ein Verhalten zuletzt bei meinen Kindern erlebt. Allerdings waren sie da ungefähr zwei Jahre alt, der Zeitpunkt, wo die Beine besser funktionieren als das Gehirn. André war immerhin schon 14, benahm sich aber wie ein vierjähriger Autist. Weder konnte oder wollte er mit uns gemeinsam am Tisch sitzen noch mochte er neben uns stehen, wenn wir Fotos machten. So sieht es im Nachhinein immer ein bisschen so aus, als wäre er ein mit Gewalt notdürftig integrierter Fremdkörper. Ein ziemlich realistisches Bild also.

Am nächsten Tag beklagte er sich bei seiner Lehrerin, wir würden ihm für die Tagesausflüge nichts zu essen mitgeben, woraufhin meine Tochter einige vorwurfsvolle Blicke aus französischen Augen erhielt und aufgefordert wurde, ihm beim Bäcker etwas Angemessenes zu kaufen.
Das war dann der Moment, wo mir der Kragen platzte. Bis dahin hatten wir uns unsere sämtlichen Beine ausgerissen, aber selbst wenn wir die Kelly-Tausendfüßler-family gewesen wären, hätte das nicht ausgereicht.
Die zuständige Lehrerin flüchtete sich in Unwissenheit. Selbstverständlich war es bis dahin niemandem von den Pädagogen aufgefallen, dass er sich irgendwie eigenartig verhielt.
Vermutlich hatte ich also diese Abneigung gegen die Baguette-unter-dem-Arm-tragenden Menschen schon lange vorher, und benötigte nur einen konkreten Anlass, damit mein Unmut sich endlich Bahn brechen konnte. Oder ich trage ihnen einfach ihren WM-Sieg nach - wer weiß...

A bientôt

Sonntag, 9. September 2018

Die Guten

Den originellen Aussiebungsmöglichkeiten der Online-Ausleihe habe ich es zu verdanken, dass mir dieses Buch in die Hände fiel. Obwohl es ja eigentlich nur auf dem Bildschirm meines Ebooks erschien.
Joyce Maynard, eine mir bisher unbekannte Autorin, hatte mich beim ersten Satz. Sie erzählt vollkommen unaufdringlich und erzeugt doch auf ihre subtile Art eine unheilvolle Stimmung, die die Geschichte von Anfang an begleitet und belauert.

Wenn ich solche Bücher lese, weiß ich wieder, warum ich es bisher nie gewagt habe, ein Buch zu schreiben und mich mit solchen Größen zu messen. Dabei gibt es mindestens genauso viele Gegenbeweise, die mich denken lassen:
Das kannst du auch...
Das kannst du schon lange.
Das kannst du besser!

Aber zurück zu den Guten. Die in Wirklichkeit natürlich gar nicht so gut sind, wie sie sich zunächst anfühlen. Die hinter ihrer Fassade gar kein so gutes Leben führen, wie man anfangs zu glauben bereit wäre. Deren Freundschaft keine wohltuende Oase ist sondern nur eine einseitige Zweckverbindung. Und die darum auch nicht gut sondern eher weh tun.

Während man lesend dieser Enttarnung und Aufdeckung von Täuschungen beiwohnt, fragt man sich zwangsläufig, welche Freundschaften im eigenen Leben vielleicht auch in Wahrheit keine sind, an welcher Stelle man sich hat täuschen lassen, was man möglicherweise nicht sehen will, wer die wahren Freunde sind und wem man eventuell nur nützlich ist.

Und dann ist da noch Elliot, ein echter Freund. Der aber trotzdem nicht so akzeptiert werden kann wie er ist.
Ich weiß nicht wie viele Elliots es in meinem Leben schon gab, und wann ich endlich bereit bin, einen von ihnen zu akzeptieren. Wann es mir gelingt, genug Menschenkenntnis aufzubringen, um zwischen bedingungslosen Freundschaften und freundlichen Bedingungen zu unterscheiden. Wann ich es schaffe, falsche Freunde zu durchschauen und zu erkennen, welche Fassade nur ein Schutz ist und welche mich blendet.

Ich habe gelesen, dass die Autorin auch eine Art Autobiographie geschrieben hat, "Tanzstunden. Mein Jahr mit Salinger." Und ja, es ist die Rede von DEM Salinger, dem catcher in the rye-Salinger.
Mich hat Die Guten neugierig gemacht, zu erfahren: Wer ist diese Frau, die es so fabelhaft versteht, in einem durch und durch natürlichen Erzählstil, leise und souverän, den Leser tief in seinem Innersten zu berühren?!
Und darum werden die Tanzstunden auf jeden Fall ein Teil meines Herbststapels sein.

Montag, 29. Januar 2018

Zwischen Alt und Neu

Seit Freitagnachmittag schwebe ich quasi im luftleeren Raum, zwischen letztem und erstem Arbeitstag, altem und neuem Chef, Niedersachsen und Bremen, Ende der Fahnenstange und Neubeginn.
Ich warte noch darauf, dass sich unter den Cocktail aus Neugier und Aufregung auch noch eine Prise Wehmut mischt, vielleicht der Wunsch verirrt, doch noch einmal den Rückwärtsgang einlegen zu können, oder Bereuen und Angst meine Freude und Euphorie dämpfen. Aber das passiert nicht. In den letzten Wochen an meinem bisherigen Arbeitsplatz habe ich jeden Tag noch einmal die stumme Bestätigung erhalten: "Du hast alles richtig gemacht!"
Als Wiedereinstieg ins Berufsleben nach einer Mamazeit, die länger war als geplant, war dieser Job zunächst perfekt, entpuppte sich aber im Laufe der Jahre mehr und mehr als Sackgasse.
Statt meine Entscheidung anzuzweifeln, tauchen immer mehr verdrängte Unmöglichkeiten und Gemeinheiten wieder aus den hintersten Ecken meines Gehirnes auf, wohin ich sie verschoben hatte, um möglichst viel davon zu verdrängen. Aber das Grundgefühl ist geblieben und ließ sich nicht wirklich leugnen oder schönreden.
Am Ende war mein unmittelbarer Kollege der einzige Grund zu bleiben - leider hat auch das schließlich nicht mehr ausgereicht. Ob ich es noch einmal schaffe, mit jemandem so grandios zusammenarbeiten zu können, weiß ich nicht. Im Moment erscheint mir das unvorstellbar, es hat einfach viel zu gut gepasst und harmoniert. Von denselben Fressattacken ferngesteuert, den gleichen unmöglichen Humor geteilt, einander ohne Worte zugearbeitet, im richtigen Moment geschwiegen, gesprochen, aufgeheitert, zurechtgewiesen oder gebeichtet - und auch nach Jahren noch nicht auf die Nerven gegangen (ich hoffe doch, ihm ging es genauso!).

An meinem letzten Arbeitstag sollte ich nun doch noch meine Nachfolgerin ein wenig einweisen, was in vier Stunden ein mehr als nur utopisches Vorhaben wäre. So habe ich es auf das Allernötigste begrenzt, sie hatte es dann auch eilig, nach Hause zu kommen, strahlte aber eine Souveränität und Sicherheit aus, die ich - Kompetenzen hin oder her - für unangebracht gehalten habe. Da aber auch mein Exchef die Meinung vertrat, eine Einarbeitung sei nicht notwendig, werden die beiden schon wissen, was sie sich da vorgenommen haben.

Mein Zeugnis durfte ich mir selber schreiben, und es wurde dann auch anstandslos so unterzeichnet. Nicht dass ich es momentan bräuchte, aber schaden kann es ja nie, ein paar schriftlich auf mich angestimmte Lobeshymnen in der Tasche zu haben.

Während ich dabei bin, mich gedanklich möglichst von meinem bisherigen Berufsumfeld zu lösen, versuche ich, mir noch nicht allzu viele Gedanken um das zu machen, was mich in wenigen Tagen erwartet. Erfahrungen sind was Tolles, man weiß in groben Zügen, wie so ein Neubeginn abläuft, wie es sich anfühlt, irgendwo noch fremd zu sein usw. Aber genau das erzeugt eben auch Bedenken. Nicht dass ich schon kurz vor der Rente stünde, aber so ganz taufrisch ist mein Hirn eben auch nicht mehr, und ich habe einige Bedenken, ob ich mir da nicht zu viel zumute, nochmal von vorne anzufangen. Andererseits behagt mir die Alternative noch viel weniger. Die Vorstellung, irgendeine anspruchslose Arbeit zu verrichten, stupide, frustrierend und monoton, und das immerhin noch 20 Jahre lang, schreckt mich einfach zu sehr ab.

Also kratze ich all meine Zuversicht zusammen und beginne etwas Neues. Was kann schon passieren? Oder um es wie die Stadtmusikanten zu sagen: Etwas Besseres als den Tod findest du überall!

Samstag, 16. Dezember 2017

und wenn ich geh, dann geht nur ein Teil von mir

Nun ist es also passiert. Ich habe es wirklich getan. Es ist amtlich. Gestern habe ich meinen Job gekündigt. Nachdem ich vorgestern meinen neuen Vertrag unterschrieben hatte.
Wie zu erwarten war, hat mein Noch-Chef sich als relativ lausiger Verlierer präsentiert. Natürlich habe ich damit gerechnet, dass es Vorhaltungen regnen würde. Selbstverständlich war mir klar, dass er mit meiner Entscheidung nicht gerechnet hat. Logischerweise war er überrumpelt und enttäuscht.
Aber wie schnell er dann umschalten konnte in den Schuldzuweisungsmodus, wie umgehend er versucht hat, mir ein schlechtes Gewissen einzureden - das hat mich dann trotz allem doch erstaunt.
Zunächst hat er es ja noch vorsichtig auf die "Was kann ich tun?"-Tour versucht. Aber ich habe ihm unmissverständlich klar gemacht, dass meine Entscheidung feststeht und ich sehr lange und sehr gründlich darüber nachgedacht habe, bevor ich sie ihm präsentierte.
Nun muss ich mir wohl die Vorhaltungen gefallen lassen, ich hätte erst bewusst sämtliche Kompetenzen und Aufgabenbereiche an mich gerissen, damit mein Abgang durch diese Alleinherrschaft so pompös wie möglich einschlägt. Was natürlich wiederum im krassen Gegensatz zu seiner zweiten Aussage steht, mein Lohn sei mehr als gerechtfertigt, wenn man bedenkt dass man mich ja erst (Achtung!) habe EINARBEITEN müssen. Es mag ja sein, dass es irgendwo auf diesem Planeten auch diese seltenen Naturtalente gibt, die sich an fremde Schreibtische setzen und sofort intuitiv drauflos arbeiten können - nun ja, ich gehöre nicht dazu. Aber nach acht Jahren war ich dann doch einigermaßen mit der Materie vertraut. Was er eigentlich ruhig zugeben dürfte, denn sonst wäre meine Kündigung für ihn ja schließlich wesentlich besser zu verkraften.
Ich bin froh, dass ich vorab nie den Versuch gewagt habe, einen Testballon zu starten, und vor dem Hintergrund einer Kündigungsoption meinerseits um verbesserte Bedingungen zu bitten. Wie ich jetzt ein weiteres Mal merke, hätte das zu nichts geführt, ihn höchstens in seiner Überzeugung bestärkt, dass ich niemals gehen werde.
Dass ich ihm so wichtig war bzw. bin, hat er mir selten bis gar nicht gezeigt, gesagt, signalisiert oder es mich auch nur zaghaft spüren lassen. Dabei hätte bei mir bereits das eine oder andere ehrliche Lob Wunder gewirkt. Aber im Gegenteil, es wurden immer nur zielsicher irgendwelche Fehler aufgespürt und thematisiert.
Während meiner jetzigen Krankheitsvertretung wurde sich an Kleinigkeiten geweidet, es starteten sogar Versuche, gewisse Abläufe zu vereinfachen, was sich bereits kurz nach meiner Rückkehr als absolutes Desaster herausstellte, jetzt einen Riesenaufwand an Mehrarbeit bedeutet und ein großes unübersichtliches Durcheinander verursacht hat. Möglicherweise hätte man das ja auch mit mir gemeinsam besprechen können, denn bestimmt bin ich Verbesserungsvorschlägen gegenüber nicht von vorn herein abgeneigt, aber das ging mal so richtig in die Hose, und wenn ich ehrlich bin, schaue ich es mir nun mit Genugtuung an.
https://karrierebibel.de/kuendigung/

Dienstag, 7. November 2017

Der Praxistest

Tiger in Not - so prangt es auf dem Flyer, den mein Sohn auf dem Couchtisch hinterlassen hat. Dunkel erinnere ich mich an seine Worte "...kannst du dir ja mal ansehen... lege es dir da hin...". Ich war gerade damit beschäftigt, ein Schulbuch für meine Tochter zu bestellen, und hatte deshalb nur mit einem Ohr hingehört.
Ich führe mir also den Inhalt dieses Werbeflyers zu Gemüte und erfahre ungefragt einiges über Gewicht, Alter und Größe dieser Tiere. Im aufgeklappten Mittelteil finden sich dann Bilder von Kaminvorlegern und anderen Jagdtrophäen im Tiger-Style, darüber prangt die Frage "Warum muss sowas sein?" Das frage ich mich allmählich auch... allerdings schwant mir bereits, worauf das hinauslaufen soll.
Die Liste der Sponsoren ist noch einigermaßen unauffällig, allerdings lässt mich das Musikprogramm dann doch stutzig werden. Von Ed Sheeran über Helene Fischer bis zu den Imagine Dragons reicht die illustre Mischung der offenbaren Tigertötergegner, die kostenlos und eine volle Woche lang das Benefizkonzert unterstützen, das im September stattfinden soll.
Im September? Moment, den hatten wir doch in diesem Jahr schon...
Ich möchte meinen Sohn zu Rate ziehen und rufe ein "Was soll ich damit? Das war doch schon!" in Richtung seines vermuteten Aufenthaltsortes. Prompt kommt er herbeigeeilt, guckt mich einmal verständnislos an und sagt dann grinsend: "Mensch Mama, das ist doch das Ergebnis unserer Informatik-Aufgabe, wir sollten einen Flyer zu einem selbst erdachten Thema entwerfen. Anscheinend sieht er ja ziemlich echt aus..."
Ja, offensichtlich hat er den Praxistest bestanden :o)