Sonntag, 9. September 2018

Die Guten

Den originellen Aussiebungsmöglichkeiten der Online-Ausleihe habe ich es zu verdanken, dass mir dieses Buch in die Hände fiel. Obwohl es ja eigentlich nur auf dem Bildschirm meines Ebooks erschien.
Joyce Maynard, eine mir bisher unbekannte Autorin, hatte mich beim ersten Satz. Sie erzählt vollkommen unaufdringlich und erzeugt doch auf ihre subtile Art eine unheilvolle Stimmung, die die Geschichte von Anfang an begleitet und belauert.

Wenn ich solche Bücher lese, weiß ich wieder, warum ich es bisher nie gewagt habe, ein Buch zu schreiben und mich mit solchen Größen zu messen. Dabei gibt es mindestens genauso viele Gegenbeweise, die mich denken lassen:
Das kannst du auch...
Das kannst du schon lange.
Das kannst du besser!

Aber zurück zu den Guten. Die in Wirklichkeit natürlich gar nicht so gut sind, wie sie sich zunächst anfühlen. Die hinter ihrer Fassade gar kein so gutes Leben führen, wie man anfangs zu glauben bereit wäre. Deren Freundschaft keine wohltuende Oase ist sondern nur eine einseitige Zweckverbindung. Und die darum auch nicht gut sondern eher weh tun.

Während man lesend dieser Enttarnung und Aufdeckung von Täuschungen beiwohnt, fragt man sich zwangsläufig, welche Freundschaften im eigenen Leben vielleicht auch in Wahrheit keine sind, an welcher Stelle man sich hat täuschen lassen, was man möglicherweise nicht sehen will, wer die wahren Freunde sind und wem man eventuell nur nützlich ist.

Und dann ist da noch Elliot, ein echter Freund. Der aber trotzdem nicht so akzeptiert werden kann wie er ist.
Ich weiß nicht wie viele Elliots es in meinem Leben schon gab, und wann ich endlich bereit bin, einen von ihnen zu akzeptieren. Wann es mir gelingt, genug Menschenkenntnis aufzubringen, um zwischen bedingungslosen Freundschaften und freundlichen Bedingungen zu unterscheiden. Wann ich es schaffe, falsche Freunde zu durchschauen und zu erkennen, welche Fassade nur ein Schutz ist und welche mich blendet.

Ich habe gelesen, dass die Autorin auch eine Art Autobiographie geschrieben hat, "Tanzstunden. Mein Jahr mit Salinger." Und ja, es ist die Rede von DEM Salinger, dem catcher in the rye-Salinger.
Mich hat Die Guten neugierig gemacht, zu erfahren: Wer ist diese Frau, die es so fabelhaft versteht, in einem durch und durch natürlichen Erzählstil, leise und souverän, den Leser tief in seinem Innersten zu berühren?!
Und darum werden die Tanzstunden auf jeden Fall ein Teil meines Herbststapels sein.

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