Sonntag, 19. Januar 2014

früher...

Vor einigen Wochen hat sich bei meinem Sohn ein ehemaliger Mitschüler gemeldet. Die beiden waren in der Grundschule gute Freunde, haben sich aber durch den Wechsel an unterschiedliche weiterführende Schulen aus den Augen verloren. Umso erfreuter war ich, dass er sich mal wieder gemeldet hat. Die beiden verabredeten sich noch für den selben Tag. Als ich meinen Sohn am Abend abholen wollte, stellte sich heraus, dass die beiden den ganzen Nachmittag nur an der Spielkonsole gesessen hatten, die der Junge einige Tage zuvor zum Geburtstag bekommen hatte. Er brauchte also nur einen Mitspieler für sein neues 'Spielzeug'.

Beim Gehen habe ich seine Einladung dann noch mit den Worten "Du kannst auch gerne mal wieder zu uns kommen, allerdings muss man bei uns noch richtig spielen, und es kann sogar vorkommen, dass ihr mal nach draußen geht" zurückgegeben. Wir besitzen weder eine Playstation 2/3/4/5/6..., noch eine Wii oder eine XYZ-Box. Eigentlich spielen wir sowieso lieber Kniffel, Mensch-ärgere-dich-nicht, Uno oder Memory. Ja, altmodisch, und zwar gerne!

Aus diesem Grund sträubt sich in mir auch alljährlich alles gegen die anstehende Organisation der Kindergeburtstage. Ich möchte nicht mit zehn überzuckerten abgedrehten unzähmbaren Kindern ein Hallenbad stürmen, sehe keinen Sinn in einem gemeinsamen Kinobesuch, wehre mich vehement gegen museumspädagogenunterstützte Feiern und sähe die Bande sowieso am liebsten im heimischen Garten, wo sie noch vor wenigen Jahren ausgelassen kreischend und mit wachsender Begeisterung unter unseren Rasensprengern herumliefen. Wenn mich allerdings eines dieser verwöhnten, fantasie-resistenten Quengelmonster bereits mit den Worten "Gibt's auch Tüten?" begrüßt, muss ich schwer an mich halten.

Ich weiß, die Kinder können gar nichts dafür, dass man ihnen vorlebt, dass man heute nicht mehr selber feiert sondern feiern lässt, dass eigene Ideen überflüssig sind und professionelle Party-Organisatoren das alles eh viel besser drauf haben, und dass gemeinsames Spielen immer irgendein spezielles Ziel verfolgen muss, das natürlich pädagogisch möglichst wertvoll sein sollte.
In einer Zeit, in der die Kinder mit zehn Jahren bereits so übersättigt sind, weil sie alles Erdenkliche, Greifbare und finanziell Mögliche schon erlebt haben, scheint es ziemlich schwer, seinen Vorgänger zu toppen, das Erlebnis-Event "Kindergeburtstag" inhaltlich zu überbieten und zu einem Gesprächsthema zu machen, das länger anhält als jedes vorherige.

Mein Sohn war vor einigen Jahren mal zu einer Party eingeladen, bei der die Gesellschaft zunächst mit drei PKW's zu einem 25 Kilometer entfernten Indoor-Spielplatz chauffiert wurde. Nach nicht mal zwei Stunden wechselte die Gruppe in die benachbarte Bowlinghalle, um zu guter Letzt den Abend noch bei Mc. Donalds zu beschließen.
Ein anderes Mal ließ eine Mutter zwei Taxen kommen, die die Kinder zu einer Zirkusvorführung fuhren. Am Abend gab es noch für jeden die obligatorische bereits erwähnte "Tüte", deren Inhalt vorschriftsmäßig den finanziellen Wert des Geburtstagsgeschenkes um 150% überstieg.

Unsere Feiern bewegen sich im vergleichsweise mickrigen Rahmen, und zwar nicht nur, weil wir den Kredit dafür nicht bekommen :-)
Auch wenn es heute nicht mehr als zeitgemäß gilt: ich fand meine Geburtstagspartys damals immer große Klasse, und alle meine Freundinnen sind fröhlich, satt, zufrieden und bis oben hin voll mit selbstgebackenem Kuchen wieder nach Hause gegangen. Okay, niemand hat was dran verdient, und ich war auch nicht wochenlang Gesprächsthema, aber auf der nächsten Feier hatten wir wieder unseren Spaß, auch wenn Topfschlagen reloaded auf dem Programm stand...

15 Kommentare:

  1. An Erfahrung kann ich mangels eigener Kinder nur aus meiner eigenen Kindergeburtstagszeit zehren. Ich stimme dir voll zu - auch was die Auswahl deiner Spiele angeht. Es gibt so schöne Brett- und Kartenspiele. Schade, daß die immer mehr untergehen.

    Als für mich noch Kinder- und frühe Jugendgeburtstage anstanden, gab es nur zwei Mal "externe" Veranstaltungen. Einmal handelte es sich um einen Zoobesuch, ein anderes Mal waren wir zum Kegeln. Hat auch Spaß gemacht, aber als notwendig hat das von uns niemand empfunden.

    Auch bei uns hat es schon regelmäßig Tüten gegeben, was ich aber nie verstanden habe. Heute nicht, und damals auch nicht. Aber der Wert des Inhaltes war durchaus übersichtlich.

    Als ich in die Lehre kam, habe ich mich schon darüber geärgert, wenn Geburtstagsfeiern ohne Alkoholangebot nur verächtlich als Kindergeburtstage abgetan wurden.

    Es geht doch auch anders - mir fällt nur das Wort "ehrlicher" dazu ein.

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    1. ja, aber es gehört schon Mut dazu, aus der Reihe zu tanzen, zumal man ja nicht möchte, dass das eigene Kind zum Außenseiter ernannt wird. Aber meine beiden waren gottseidank nie scharf drauf, ihre Feiern monströs aufzubauschen

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    2. Womit wir beim ekelhaften Teufelskreis mit den Markenklamotten etc. sind.

      Früher war eben alles wie früher. Und schon wieder frage ich mich, wie wir es geschafft haben, erwachsen zu werden.

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    3. das frage ich mich manchmal auch. In Hosen mit angenähten Stoffresten an den Beinen, wenn sie zu kurz wurden. Und in selbst gestrickten Pullovern - das war wenigstens noch individuell ;-) Und meine Noten hab ich nnoch alle alleine geschrieben, heute sagen die Mütter ja so gerne "Wir haben eine zwei in Mathe" - damit ist eigentlich alles gesagt :-(

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    4. Ich kann auch nicht aus der Erfahrung mir eigenen Kindern berichten, aber ich habe durch´s "Kinderhüten" auch mitbekommen, wie´s heute läuft. Ich kann mich nur Paterfelis anschließen: Wie sind wir nur ohne all dem erwachsen geworden, oder auch unsere Eltern, die ja noch Nachtkriegskinder waren. Mein Dad hat noch mit Dampfmaschinen gespielt.
      Bei einer Schulkameradin, kann ich mich noch erinnern, haben wir mit Begeisterung mit einem Kaufmannsladen gespielt.
      Diese "Mode" mit diesen Geschenkekisten finde ich schrecklich. Mich haben ja grad diese unterschiedlichen Geschenke begeistert, es hat doch gezeigt, was der Schenker von mir hält, oder was er meint, was mir gefallen würde. Es "beweist" das er sich Gedanken gemacht hat, was wiederum ein Zeichen von Achtung mir gegenüber ist.

      Früher war eben alles wie früher! :o))
      Liebe Grüße

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  2. Ich habe mich auch stets gesträubt meinen Kindern eine Spielkonsole zu kaufen. Ich fand das einfach nicht nötig. Mit 16 hat mein Sohn dann in den Osterferien gejobbt und von diesem Geld hat er sich selbst so ein Ding gekauft. Unser Patenkind wünschte sich das schon mit 8. Er hat es bekommen, obwohl ich und unsere ganze Familie (bes mein Sohn) dagegen waren. Mittelweile ist der Patensohn 12 und hat alles an elekt. Spielzeug was es gibt, kann aber mit nichts andrem spielen.

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    1. mich beunruhigt auch der frühe Zeitpunkt, zu dem das alles offenbar schon sein muss. Das eigene Handy im Grundschulalter, der Fernseher im Kinderzimmer spätestens zum 10. Geburtstag, jetzt mit 12 ohne smartphone? Undenkbar!!

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  3. Ich denke, eine ausgewogene Mischung aus beiden ist gut. Meine Kids können alle Mensch ärgere dich nicht, Romme, Scrabble etc. Aber es gibt auch Konsolen bei uns. Und mit einer Wii haben auch alle Spaß. Da wird der Kampfgeist genauso motiviert.
    Allerdings kenne ich das mit den Tüten nicht. Das ist wohl bei uns nicht so verbreitet. Was haben die denn für einen Sinn?
    Mein Problem bei solchen Veranstaltungen ist aber immer eher, wenn eins meiner Kids eingeladen wurde: Was schenkt man?

    Dreamer

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    1. Geschenke, auch eines meiner Lieblingsthemen. Seit mindestens drei Jahren wird sich nur noch Geld gewünscht. Momentan haben wir hier noch einen mehr oder weniger offiziellen Kurs von 10 Euro, in der nächsten Stadt sind es aber schon 15 pro Kind. Einige haben auch noch Geschenkekisten im örtlichen Geschäft, aber das ist eher die Ausnahme. Den Sinn der Tüten kenne ich auch nicht so genau, aber sie haben bei uns eine lange Tradition. Früher war oft etwas Selbstgebasteltes, ein Buntstift oder ein paar Kaugummis drin. Oder das, was das Kind imlaufe des Nachmittags beim Topfschlagen etc. gewonnen hatte... Meine Kinder haben aber schon Armbänder, Puzzles und Piratenausrüstung nach Hause geschleppt. Wie gesagt, vollkommen übertrieben.

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  4. Wenn du als Kind in den 70er oder 80er Jahren lebtest, ist es zurückblickend kaum zu glauben, dass wir so lange überleben konnten! Als Kinder saßen wir in Autos ohne Sicherheitsgurte und ohne Airbags. Unsere Bettchen waren angemalt mit Farben voller Blei und Cadmium.
    Die Fläschchen aus der Apotheke konnten wir ohne Schwierigkeiten öffnen, genauso wie die Flasche mit Bleichmittel. Türen und Schränke, waren eine ständige Bedrohung für unsere Fingerchen und auf dem Fahrrad trugen wir nie einen Helm.
    Wir tranken Wasser aus Wasserhähnen und nicht aus Flaschen. Wir bauten Wagen aus Seifenkisten und entdeckten während der ersten Fahrt den Hang hinunter, dass wir die Bremsen vergessen hatten. Damit kamen wir nach einigen Unfällen klar. Wir verließen morgens das Haus zum Spielen. Wir blieben den ganzen Tag weg und mussten erst zu Hause sein, wenn die Straßenlaternen angingen. Niemand wusste, wo wir waren und wir hatten nicht mal ein Handy dabei!
    Wir haben uns geschnitten, brachen Knochen und Zähne und niemand wurde deswegen verklagt. Es waren eben Unfälle. Niemand hatte Schuld außer wir selbst. Keiner fragte nach “Aufsichtspflicht”. Kannst du Dich noch an “Unfälle” erinnern?
    Wir kämpften und schlugen einander manchmal grün und blau. Damit mussten wir leben, denn es interessierte die Erwachsenen nicht besonders. Wir aßen Kekse, Brot mit dick Butter, tranken sehr viel und wurden trotzdem nicht zu dick. Wir tranken mit unseren Freunden aus einer Flasche und niemand starb an den Folgen.
    Wir hatten nicht: Playstation, Nintendo 64, X-Box, Videospiele, 64 Fernsehkanäle, Filme auf Video, Surround Sound, eigene Fernseher, Computer, Internet-Chat-Rooms. Wir hatten Freunde!
    Wir gingen einfach raus und trafen sie auf der Straße. Oder wir gingen einfach zu deren Heim und klingelten. Manchmal brauchten wir gar nicht klingeln und gingen einfach hinein. Ohne Termin und ohne Wissen unserer gegenseitigen Eltern. Keiner brachte uns und keiner holte uns…
    Wir dachten uns Spiele aus mit Holzstöcken und Tennisbällen. Außerdem aßen wir Würmer. Und die Prophezeiungen trafen nicht ein: Die Würmer lebten nicht in unseren Mägen für immer weiter und mit den Stöcken stachen wir auch nicht besonders viele Augen aus.
    Beim Straßenfußball durfte nur mitmachen, wer gut war. Wer nicht gut war, musste lernen, mit Enttäuschungen klar zukommen. Manche Schüler waren nicht so schlau wie andere. Sie rasselten durch Prüfungen und wiederholten Klassen. Das führte damals nicht zu emotionalen Elternabenden oder gar zur Änderung der Leistungsbewertung.
    Unsere Taten hatten manchmal Konsequenzen. Das war klar und keiner konnte sich verstecken. Wenn einer von uns gegen das Gesetz verstoßen hat, war klar, dass die Eltern ihn nicht automatisch aus dem Schlamassel heraushauen. Im Gegenteil: Sie waren oft der gleichen Meinung wie die Polizei!
    Wie war es nur möglich, dass wir überlebten?

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  5. GENAU!!!

    Und warum ist´s passiert, das die Generationen nach uns nicht genauso erwachsen geworden sind? Sind die zukünftigen Generationen dann nur noch emotionale "Computer"?

    Ich gebe zu, ich habe Angst vor der Zukunft. Ich bin aber froh, das ich schon so alt bin, wie ich bin. Ich muß mir das Elend nicht mehr mit ansehen.

    Werte/r Anonyme/r, Du schreibst mir genau aus der Seele. ;-)

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    1. ja, warum ist's passiert? Haben wir's verbockt? Müssen wir uns diese Frage nicht stellen?

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  6. Aber mit/für deine(n) Kindern hast du doch ganz bestimmt Geburtstagspartys ausgerichtet, oder?

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  7. na dann meinen Glückwunsch an die Frau Tochter. Zählt sie schon zu uns Wassermännern oder ist sie noch ein Bock?

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